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13.11.2009

Hallo alle zusammen,

lange ist es her, jetzt wird es definitiv Zeit für einen neuen Eintrag.

Was ist seit dem letzten Eintrag alles passiert?

Wir waren im März in der Reha für verwaiste Eltern in Tannheim - für 4 Wochen. Es war schön dort, wir haben uns sehr wohl und aufgehoben gefühlt. Die Betreuung war klasse.
Zunächst mal wurde ein Wochenplan, der auf jeden einzelnen abgestimmt ist, erstellt. Wir hatten mit einem Arzt sowie mit einer Therapeutin Einführungsgespräche.
So wurde festgelegt welche Art von Gesprächs-Therapie man bekam. Gruppen-Therapie hatten wir 2x die Woche. Hier sollte jeder teilnehmen, jedoch wurde von Anfang an gesagt, dass niemand dazu gezwungen wird. Man konnte Einzelgespräche oder Paargespräche wählen. Wir hatten beides ausgewählt. Es gab eine „Schreibwerkstatt“ – jedoch nur 1x pro Woche. Hier konnte man seine Gefühle niederschreiben…
Und die Leiterin der Schreibwerkstatt hat jedem Einzelnen die Tränen entlocken können. Es war sehr intensiv. Außerdem gab es noch Kunst-Therapie, sehr viele Sport-Angebote wie Walking, Klettern, Wassergymnastik, einen Kochkurs, Bastellabende…
Die Auswahl war also groß.

Anschließend wurde mit dem Arzt vereinbart, ob man spezielle Anordnungen braucht im Bereich Massagen, Reha-Sport, Gymnastik usw.
Ich bekam eine spezielle Migräne-Therapie verordnet. Das hieß für mich, 2x die Woche Fango und eine sehr angenehme Massage, welche ich sehr genossen habe.

Ansonsten konnte jeder Einzelne seinen Tag vollpacken, man konnte aber auch Tage einplanen, an denen nichts statt fand.

An den Wochenenden gab es ebenfalls spezielle Angebote, wie zum Beispiel Ausflüge ins Stadion nach Stuttgart zu den VfB-Spielen. Hier stellt der VfB ein bestimmtes Kontingent von Karten für die Klinik Tannheim zur Verfügung. Ebenfalls gab es auch einen Ausflug in die Wilhelma. Ein VfB-Spiel nahmen wir mit, auf Wilhelma haben wir natürlich verzichtet, nachdem wir aus Stuttgart kommen und bereits in der Wilhelma waren.

Wir haben täglich Sport gemacht und uns mit den anderen betroffenen Eltern ausgetauscht. Der Sport tat uns sichtlich gut. Das machen wir bis jetzt noch und gehen ins Fitness-Studio. Ist für uns ein guter Ausgleich zum Alltag und macht den Kopf frei.

Es tat so gut mal so viel Zeit für sich und unseren Justin zu haben. Aber auch um uns noch intensiver mit dem Thema „Trauer um das eigene Kind“ zu befassen. Wir dachten zunächst, 4 Wochen, so eine lange Zeit. Doch die 4 Wochen sind extrem schnell vergangen. Und leider ist man zu schnell wieder im Alltag zurück.

Mit unserer Gesprächs-Therapeutin, Frau Bast, haben wir sehr gute Gespräche geführt. Man hat einfach gemerkt, dass sie auf das Thema Trauer spezialisiert ist. Wir hätten Sie am liebsten mit nach Stuttgart genommen um weiterhin zu ihr zur Therapie gehen zu können. Die Gesprächs-Therapien
(vor allem Einzel + Paartherapie) waren für uns am effektivsten.

In der Reha waren auch Familien, deren Kinder an Krebs erkrankt und austherapiert waren, Kinder und Jugendliche mit Mukoviszidose und behinderte Kinder samt Familie.

Es waren also sehr viele Kinder mit uns dort. Auch viele kleine Kinder, die im Alter von Justin waren. Zur Essenszeit konnte man sich gar nicht aus dem Weg gehen, da es feste Essenszeiten und feste Sitzplätze gab. So wurden wir gezwungen uns mit unserer Umgebung auseinander zu setzen. Zunächst war es für beide Parteien schwierig. Für die Eltern die wussten, dass wir unser Kind verloren haben. Und für uns, wir mussten damit klar kommen andere Kinder fröhlich herum tollen zu sehen. Mir hat das von Anfang an nichts ausgemacht, da ich nach wie vor Kinder über alles liebe. René tat es anfangs weh…. Doch mit der Zeit gab es eine kleine Verwandlung. René ist von sich aus auf die Kinder zugegangen. Ein sehr schönes Gefühl für mich. Allein das war es schon Wert, in der Reha gewesen zu sein.

Nach zwei Wochen sind wir an einem Samstag nach Hause gefahren, weil wir Justins Gärtle besuchen wollten. Wir hatten es ja nicht so weit, deshalb war das gut möglich.

Am Ende der Reha sagten René und ich, dass man diese Auszeit und diese Zeit für die Trauer 1x im Jahr haben sollte. Doch leider ist das eine einmalige Aktion gewesen. Wirklich sehr schade.

Wir können diese Rehabilitationsmaßnahme für verwaiste Eltern in Tannheim Betroffenen nur weiterempfehlen. Ist eine tolle Einrichtung und hilft ein wenig bei der Trauer.

Justins 5. Geburtstag. Wenn ich diese Zahl sehe, denke ich darüber nach, wie groß Justin bereits wäre. Wie würde er nun aussehen? Sicherlich würde er uns das Ohr voll quatschen. Wie der Papa so der Sohn :-) .
Er bekam wieder Luftballons, Geschenke und viele bunte Blumen an sein Grab. Auch die Kids aus seiner Krabbelgruppe kamen, um mit ihm ein wenig Geburtstag zu feiern. Sehr süß.

Für uns ist es sehr schmerzhaft, ihn nicht um uns zu haben. Ich kann es immer nur wiederholen, wie gern würden wir Justin in den Arm nehmen, wie gern würden wir mit ihm schmusen, ihn riechen, mit ihm reden und Quatsch machen….
All das fehlt uns so sehr. Und leider können wir nichts daran ändern. Alles was uns bleibt sind die Erinnerungen, die Bilder und die Aufnahmen.

Kurz nach Justins Geburtstag waren wir für 2 Wochen in den USA. Tat mal wieder gut, in einer „anderen Welt“ zu sein. Den Kopf frei zu bekommen. War eine schöne Zeit.

Zum Schluss kommt die größte Neuigkeit. Wir sind zum 01.11. umgezogen. Kurz vor unserem Urlaub haben wir völlig überraschend eine passende Wohnung für uns gefunden und bekommen. Hier in Stammheim - das war sehr wichtig für uns. Vor ein paar Tagen war es soweit, wir mussten Justins Zimmer auflösen. Das war sehr schwer für uns. Wir haben es von einem Tag auf den nächsten verschoben, weil wir es einfach nicht fertig gebracht haben seine Sachen zusammen zu packen. Letzten Sonntag (01.11.) waren wir alle in der alten Wohnung, um die restlichen Sachen von Justin einzupacken und um Abschied nehmen zu können. Beide Großeltern und wir beide. Es war sehr emotional und traurig. Alle Erinnerungen kamen hoch.

Das Zimmer musste irgendwie „aufgeteilt“ werden, Kleiderschrank steht im Keller, Bettchen kommt zu meinen Eltern und der Rest (Kommode samt Inhalt, Stofftiere und Lieblingsspielsachen) findet Platz in einem Zimmer, in unserer „Justin-Ecke“. Nicht zu vergessen, sein geliebtes Bobby-Car. So ist er hier bei uns. Natürlich haben wir ebenfalls wieder etliche Bilder von unserm Schatz hängen. Das ist sehr wichtig für uns. So hoffen wir, auch hier in dieser Wohnung ihm nah sein zu können. Bin mir sicher, ihm hätte die Wohnung gefallen.

Nun hat die Wohnungs-Sucherei ein Ende und wir können endlich zur Ruhe kommen. Auch wenn es sehr schwer war aus der alten Wohnung auszuziehen, werden wir den Einzug in die jetzige Wohnung als Neuanfang sehen und hoffen, Justin hier ebenfalls so nah zu sein wie bisher auch.

Wie ich immer zu sagen pflege, alles hat seinen Grund. Auch der Auszug hat seinen Grund. Sonst hätte das unser kleiner Spatz nicht zugelassen. Denn er passt vom Himmel auf uns auf.

Der Umzug hat auch seine positiven Seiten, die Wohnung ist neu und sie ist näher zum Friedhof.

Wir müssen akzeptieren, dass wir ausziehen mussten und das Beste draus machen – eben als Neubeginn sehen.

Weihnachten steht schon wieder vor der Tür, schon wieder Weihnachten –war doch erst- schon wieder Weihnachten ohne Justin. Und keine 2 Wochen später jährt sich Justins Todestag. 2 Jahre? Er ist doch erst letztes Jahr gegangen. Die Zeit vergeht wie im Flug und irgendwie scheint sie still zu stehen.

Nach wie vor ist es so schön, immer wieder Einträge im Gästebuch von euch zu lesen. Das stärkt uns. Vielen Dank. Nun seid ihr wieder auf dem neusten Stand. Entschuldigt die lange Wartezeit, aber wenn der Alltag mich eingeholt hat, komme ich kaum zum Schreiben. Da ich in der Arbeit den ganzen Tag am PC sitze, habe ich am Abend nicht mehr so große Lust zu Hause noch einmal die Kiste anzuschmeißen. Hoffe ihr habt ein wenig Verständnis.

Nun gewöhnen wir uns erstmal an unsere neue, schöne Wohnung.

Bis (hoffentlich) bald.

Herzliche Grüße
Isabella + René mit Justin im Herzen

 

Grab_2

Grab_3

 

zurueck

 

 
© D.Wojtaschek